Der 24. September 2015 war ein verhängnisvoller Tag:
Meine Präriegarten-Sucht begann während eines Besuchs in der Gräflichen Gärtnerei in Bad Driburg!
Ich hatte mich für ein Stauden-Seminar bei Carmen angemeldet und nach einer ausgiebigen und äußerst fachkompetenten Führung durch den Gräflichen Park war ich infiziert! Covid-19 war noch ein Fremdwort, aber der Präriegarten-Virus hatte mich von da an fest im Griff!
Was war so reizvoll an den von Piet Oudolf 2008 gestalteten Beeten im Gräflichen Park und an den hervorragenden Pflanzengemeinschaften in der Gräflichen Gärtnerei? Eine Kombination von einigen netten Blümchen? Keinesfalls.
Natürlich beeindruckt im Park auch die formale Struktur und Einbettung in den altehrwürdigen Park, aber vor allem ist Piet Oudolf für die besondere Pflanzenauswahl und -zusammenstellung bekannt. Indem auch Wildstauden und Gräser in naturalistischer Anordnung einbezogen werden, wirken Oudolfs Konzepte durchgehend naturnah und wenig künstlich. Carmen Basener, die damalige Geschäftsführerin der Gräflichen Gärtnerei hatte sich diesem Spirit seit dem ersten Kontakt verschrieben und in den ehemaligen Gemüsebeeten der Gärtnerei wunderbare Pflanzenbilder komponiert. Sowohl ihre gärtnerische, als auch ihre künstlerische Ausbildung flossen hier zu großartigen Kompositionen zusammen, die inzwischen leider nur noch auf Fotos existieren... Von jetzt auf gleich avancierte Carmen zu meinem großen Vorbild und sie beriet mich bei den ersten Staudenkäufen und Planungen.
Wo könnte man einen Präriegarten auf dem Stuckenhof anlegen?
Schon kurz nach unserem Umzug aus der Mühle ins Nachbarhaus wuchs der Wunsch nach einem bunteren Ausblick aus dem Wohnzimmer.
Jedoch mussten erst einmal diverse Kernsanierungen am Haus und im zugehörigen Gartenbereich abgearbeitet werden.
Anschließend wandelten wir unsere ehemalige Wohnung zu einer Ferienwohnung (Cottage) um und mussten leider auch die wunderschönen Buchsbaumhecken des Cottage-Gartens roden, da sie dem Buchsbaum-Pilz zum Opfer gefallen waren.
2016 konkretisierten sich dann die Pläne eines Präriebeetes.
Zufällig war ein Bagger vor Ort und etwas Erdaushub, der an anderer Stelle angefallen war. So konnten wir mit Leichtigkeit das Gelände vor dem ehemaligen Hühnerstall etwas modellieren. Bei einem Mauerdurchbruch im Mühlengebäude waren um die Jahrtausendwende einige Kubikmeter Steine angefallen und aufbewahrt worden. Dieser Steinhügel konnte zur Befestigung des entstandenen Hangs genutzt werden, jedoch sollte eher der Eindruck eines natürlichen Steinwalls entstehen und nicht einer handwerklich perfekten Mauer.
Vor dem Wall wurde nun der Boden für das Präriebeet vorbereitet.
Mit Traktor und Grubber wurde die Grasnarbe aufgerissen und der Boden im Abstand von mehreren Wochen gelockert. Kompost und natürliche Bodenhilfsstoffe wurden eingearbeitet. Bevor die ersten Stauden einzogen, wurde der Beetumriß noch mit einer Stahlkante befestigt.
Inzwischen hatte ich verschiedene Bücher über Präriegartenkonzepte gewälzt. Meine erste Begeisterung für den Gravelgarden Beth Chattos hatte sich gelegt, da ich den vorhandenen wertvollen Lehm-Löß-Boden weder abmagern noch komplett austauschen wollte.
Allerdings entsprach die ins Visier genommene Fläche durchaus den von Cassian Schmidt beschriebenen Voraussetzungen eines Präriegartens.
Der Leiter des Schau und Sichtungsgartens des Hermannshofs in Weinheim war einer der deutschen Pioniere der Präriepflanzungen. Er hatte viele Pflanzen von Naturstandorten mitgebracht und damit experimentiert. Schon bald sollte ich bei seinem ehemaligen Head-Gardener in der neu angelegten Gärtnerei landen, aber das ahnte ich 2015 noch nicht.
Welche Pflanzen sollten bei uns einziehen?
Sowohl in Bad Driburg als auch in meiner angeschafften, einschlägigen Literatur beeindruckten mich viele Pflanzen, die auf jeden Fall den Weg in unseren Garten finden sollten, wie zum Beispiel das Brandkraut (Phlomis russeliana), Indianernessel (Monardas), Sonnenhüte und natürlich verschiedenste Gräser.
Carmen versorgte mich mit einer Grundausstattung und gab mir darüber hinaus Einkaufs-Tipps, die über ihr Sortiment hinausgingen.
Natürlich gab es Höhen und Tiefen: In den Gartengruppen der sozialen Netzwerke fragte ich nach Bezugsquellen, denn es gab in keiner der umliegenden Gärtnereien Brandkraut (das einzige kleine Töpfchen Brandkraut, dass ich aus Kent mitgebracht hatte, war im Winter verfroren und die Samen aus dem Trebah-Garden in Cornwall waren nicht aufgegangen).
Trotzdem gab es immer wieder Überraschungen: Plötzlich schrieb mir eine Facebook-Bekannte: "Du kannst Brandkraut bei mir abholen!"
Das Kartenprogramm errechnete: Rund 80km - also keine Weltreise. Es wurde ein wunderschöner Sonntagsausflug mit Besichtigung des Weltkulturerbes FAGUS-WERK und einer sonnigen Tour durch den Solling und das Weserbergland.
Und siehe da: Das Brandkraut gedieh wunderbar! Den ersten Winter überstand es eingeschlagen an einer Gartenecke, bevor es im Folgejahr in viele kleine Pflänzchen geteilt und als Leitstaude ins Präriebeet einzog.
Wo kamen die Pflanzen her, oder: Hummelo? Ach, Hummelo!
Weitere Pflanzen kamen aus verschiedensten Richtungen im In- und Ausland.
An einem Freitagabend im September 2016 teilte ich meinem Mann mit dass ich am nächsten Tag nach Hummelo in Holland fahren werde, um einen Garten zu besichtigen, der nur freitags und samstags geöffnet sei. Im letzten Moment entschied er sich mitzufahren und hat es bis heute nicht bereut, denn es handelte sich um den Privatgarten von Anja und Piet Oudolf, der seit 2019 nicht mehr zu besichtigen ist.
Wir waren vom ersten Moment an begeistert und auch die letzten Zweifel meines Mannes an meinen Plänen waren besiegt!
Das sollte das Vorbild für unser Gartenparadies werden!
Die Gärtnerei auf dem Oudolfschen Gelände war zu der Zeit schon lange Geschichte, aber es lag ein Flyer einer Gärtnerei aus, die von Piet Oudolf empfohlen wurde, etwas eine Autostunde von Hummelo entfernt. Also nix wie hin!
Wir landeten im Hessenhof von Hans Kramer bei Ede und es war ein Eldorado! Gut, dass wir mit dem großen Familienvan unterwegs waren, denn der füllte sich ruckzuck bis unters Dach!
Glücklicherweise hatte ich ja bereits viele Arten und Sortennamen notiert oder im Handy gespeichert, so dass mir Hans Kramer schnell sagen konnte, was er davon vorrätig hatte. Teilweise empfahl er mir auch Sorten, die er für besser hielt, wie zum Beispiel ein Gras, dass Cassian Schmidt gezüchtet hatte (Pennisetum alopec. ,Cassian’s Choice’)...
Als wir kurz darauf in den Herbstferien unsere Tochter zu einer Freundin nach Wuppertal brachten, musste mein Mann meinen nächsten 'Überfall' erleiden, denn in Wuppertal-Ronsdorf befindet sich die Gärtnerei von Anja Maubach und nur 20 Minuten entfernt kann man den Hortus von Peter Jahnke bestaunen. Also kamen wir wieder mit einem Auto voller 'Grünzeug' nach Hause!
Gab es einen Pflanzplan für die Stauden?
Gundsätzlich gab es keinen Pflanzplan, sondern nur eine Skizze zur Form des Beetes. Die meisten Pflanzen habe ich relativ intuitiv gesetzt. Glücklicherweise habe ich aber eine gute Vorstellungskraft. Ich habe die Pflanzen zuerst auf das Beet gestellt und anhand der Beschilderung habe ich nach Größe und Farbe geordnet. Als einfachste Regel galt: Die höchsten Stauden mussten am weitestens vom Wohnzimmerfenster entfernt stehen, damit sie eine gute Fernwirkung erzeugen konnten.
Schon bei den ersten Gartenführungen, die ich zum Thema Präriegärten besuchte, speicherte ich ein interessantes Expertengespräch ab:
In naturalistischen Pflanzungen ist ein lange gehegter Grundsatz der Beetplanung außer Kraft gesetzt: Höhere Stauden dürfen, zugunsten der Illusion von Natur (frei nach P. Oudolf) auch mal vorne im Beet stehen und niedrigere dahinter. Natürlich sollte dies nicht durchgängig der Fall sein, aber das Vorbild der Naturstandorte lehrt natürlich unorthodoxere Gestaltungsformen, als die guten alten Konzepte englischer Borders.
Wie wurde die Farbpalette ausgewählt?
Die Farbpalette wurde eigentlich schon 2004 festgelegt, da wir damals eine neue Farbe für unsere Scheunentore festlegen mussten. Nach dem düsteren Dunkelbraun sollte das Holz in Schwedenrot erstrahlen. Von diesem Moment an pflanzte ich auf dem Hof zugewandten Flächen keine Rosa- und Pinktöne mehr.
Da das alte Hühnerhaus hinter dem Präriebeet sogar das Gebäude war, an dessen Bornholm-roter Gestaltung wir uns orientiert hatten, galt hier der gleiche Grundsatz. Obwohl die Farbe des Mauerwerks inzwischen durch eine chemische Reaktion mit der darunter verstrichenen Farbe reagiert hat und zu einem Violett-Ton 'mutiert' ist - was aber wieder korrigiert wird - sollten die Farben der Leitstauden im Beet eher dem wärmeren Farbspektrum entstammen.
Zur bestimmenden Leitstaude wurde in diesem Beet schnell das gelb-blühende Brandkraut (Phlomis russeliana). Verschiedene gelbe Helianthus-Sorten, Sonnenhüte sämtlicher Arten und Sorten, sowie orange-rostrote Helenium-Sorten kamen hinzu.
Im hinteren Beetbereich hat sich dieses ( bis in den November hinein) leuchtende Farbkonzept auch durchaus bewährt.
Im vorderen, bzw. rechten Beetbereich entwickelten sich aber auch Flächen, die eher einem kühleren Silber-Weiß-Spektrum zugeordnet werden konnten.
Zwischen diesen kühleren und wärmeren Farbtönen, gab es eine extrem vielfarbige Zone durch die vielen unterschiedlichen Schein-Sonnenhüte (Echinacea-Sorten), deren Farbenvielfalt durch die zahlreichen Federborstengräser (Pennisetum 'Hameln') abgemildert wurden.
Im zweiten Sommer waren keine Echinaceen mehr zu finden, aber der unverwüstliche Sonnenhut/ Rudbeckia fulgida var. sullivantii 'Goldsturm' entwickelte sich prächtig und schloss (v.a. nach der Teilung) sämtliche Lücken.
Auch die Luzula sylvatica/ Wald-Marbel wurde als Matrixpflanze im ganzen Beet verteilt, damit der Boden möglichst schnell bedeckt wurde.
Diese Entscheidung ist im Nachhinein fragwürdig (zur Weiterentwicklung und Pflege des Beetes mehr in einem der nächsten Blogposts!), aber da ich um die Unverwüstlichkeit der Waldmarbel wusste und schon vielen Bereichen des Grundstücks mit ihren Ablegern bepflanzt habe, nutzte ich diese vorhandene Pflanze.
Ein nicht zu unterschätzendes Gestaltungsmerkmal ist auch der Winteraspekt im Präriegarten. Da viele Stauden ab November in die Nicht-Farbigkeit von Braun und Schwarz übergehen, ist es sehr wohltuend, dass die Luzula wintergrün bleiben und somit auch aus der Ferne ganzjährig grüne Beet-Elemente zu sehen sind. Dies wird besonders deutlich, nachdem die Stauden im Februar runtergeschnitten wurden und die Frühblüher durchkommen. Sie leuchten dann zwischen saftig-grünen Luzula-Blättern!
Mineralien und Mikroorganismen - Bodenkunde
Wir haben hier eher schweren Lehm-Lößboden (ca.50 Bodenpunkte) und ich hatte Bedenken, ob er zu viel Feuchtigkeit speichern würde für die Präriestauden. In den vergangenen 4 Jahren hat sich gezeigt, dass sich die meisten Präriestauden wunderbar auf nährstoffreichem Boden entwickeln.
Leider gab es aber auch einige, wenige Verluste zu verzeichnen:
Das Eryngium yuccifolium (Palmlilien-Mannstreu), das mir persönlich so gut gefiel, hat bereits den ersten Winter bei uns nicht überstanden, da es einfach zu feuchte Füße (Staunässe) bekommen hat. Ebenso verhielt es sich mit der knolligen Seidenpflanze (Asclepias tuberosa ssp. interior). An anderen Stellen war es mir vorher bereits mit Lavendel ähnlich ergangen. Nach einer Bodendrainage mit grobem Sand, übersteht der Lavendel inzwischen auch die Winter auf dem Stuckenhof unbeschadet. So werde ich es in der kommenden Saison auch noch einmal mit den Stauden versuchen, deren Standortansprüche besonders lockeren Boden erfordern, bzw. die empfindlich auf Staunässe reagieren.
Im nächsten Beet wird Estrichsand eine bedeutende Rolle spielen.
Dazu wird es aber einen separaten Post geben, der die Planung, Umsetzung und Entwicklung dieses Beetes dokumentiert.
Bis dahin: Frohes Schaffen!